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Dr. Andrea Hanke. Foto: ad
Die Zahl der Flüchtlinge, die der Stadt Braunschweig vom Land Niedersachsen zur Unterbringung zugewiesen werden, ist gesunken. Zugleich sind aber verlässliche Prognosen über die weiteren Entwicklungen in der Flüchtlingsfrage kaum möglich. Deshalb hat die Stadtverwaltung ihr Konzept für die Schaffung von Erstaufnahmeeinrichtungen aktualisiert, um bei Bedarf schnell handlungsfähig zu sein. „Wie sich die Flüchtlingskrise in diesem und erst recht im nächsten Jahr entwickelt, kann seriös niemand vorhersagen, und die Zahl der Flüchtlinge, die der Stadt Braunschwieg in diesem und dem nächsten Jahr zugewiesen werden, ist ebenso ungewiss“, betont Sozialdezernentin Dr. Andrea Hanke, die den aktuellen Sachstand am Freitag, 8. April, in einem Pressegespräch erläuterte. „Wir müssen so vorausplanen, dass wir in allen Belangen flexibel reagieren können.“
Nicht mehr weiter verfolgt wird die Nutzung des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes in der Grünewaldstraße als kommunale Erstunterkunft für Asylbewerber – allerdings nicht aufgrund der zurückgehenden Flüchtlingszahlen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen. „Wegen der nur kurzen möglichen Nutzungsdauer lediglich bis März 2017 und hoher Umbaukosten von etwa 1,5 Millionen Euro wäre der Umbau unwirtschaftlich“, erläutert Dr. Hanke. Umfangreiche Baumaßnahmen wären erforderlich gewesen, insbesondere im Blick auf den Brandschutz. Das Land Niedersachsen plant, ab 2017 mit dem Umbau des Gebäudes zu beginnen, um dort die Landesschulbehörde unterzubringen.
„Auf die Sporthallen als Erstunterkünfte kann derzeit nicht verzichtet werden“, hebt die Sozialdezernentin hervor. „Sie freizugeben, macht nur Sinn, wenn tatsächlich auf absehbare Zeit keine weitere Nutzung zur Flüchtlingsunterbringung erforderlich ist. Spätestens nach den Sommerferien wird es dazu eine neue Bewertung der Situation geben.“
Aktueller Sachstand
Mit Stand 4. April 2016 sind der Stadt Braunschweig vom Land Niedersachsen 318 Flüchtlinge zur Unterbringung zugewiesen worden. Sie verteilen sich auf folgende Sporthallen: Naumburgstraße (156 Plätze, voll belegt), Watenbüttel (108 Plätze, Belegungszahl ebenfalls ausgeschöpft), Moselstraße (56 Plätze, für Frauen und Kinder, noch Kapazitäten), Nibelungenschule (192 Plätze, ebenfalls noch Kapazitäten).
Zu der Gesamtkapazität von 512 Plätzen kommen ab 1. Mai noch rund 150 Plätze im ehemaligen Bürogebäude der Firma Streiff in der Saarbrückener Straße hinzu, außerdem einige Wohnungen der Nibelungen Wohnbau für besonders schutzbedürftige (zum Beispiel alleinstehende Mütter mit kleinen Kindern oder Menschen mit Behinderungen) Flüchtlinge mit rund 60 Plätzen, insgesamt also rund 700 Plätze.
Mitte März hatte das Niedersächsische Innenministerium die Laufzeit des ersten festgesetzten Verteilkontingents von Flüchtlingen für Braunschweig bis Ende Juli verlängert. Ursprünglich hatte dieses Verteilkontingent, das für Braunschweig 437 Personen zählt, eine Laufzeit lediglich bis Ende März. Zuletzt kamen rund zehn Flüchtlinge pro Woche in die städtischen Erstaufnahmeeinrichtungen.
Mögliche zukünftige Entwicklungen
Geht man ab August weiterhin von einer wöchentlichen Zuweisung von rund zehn Frauen und Männern pro Woche aus, so ergibt sich bis Jahresende ein Bedarf von rechnerisch 657 Plätzen. Stadträtin Dr. Hanke: „Unter dieser Voraussetzung wäre die Errichtung von Leichtbauhallen nicht notwendig. Trotzdem treiben wir Ausschreibungen, Vorplanungen und Standortprüfungen voran, um bei Bedarf schnell handlungsfähig zu sein.“ Damit ist auch der Hungerkamp als möglicher Standort für eine Leichtbauhalle erst einmal nicht mehr im Gespräch.
Weil auch die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zurückgeht, soll das stadteigene Gebäude Naumburgstraße 23, in dem ehemals der städtische Beschäftigungsbetrieb untergebracht war, nicht mehr für diese Gruppe, sondern für die Unterbringung von erwachsenen Flüchtlingen und Familien genutzt und entsprechend umgebaut werden. Nach einer ersten Schätzung könnten hier rund 250 Personen Platz finden. „Sobald dieses Gebäude hergerichtet wäre, könnte dann gegebenenfalls die erste Sporthalle geräumt werden“, sagt Dr. Hanke. Derzeit werden 104 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in verschiedenen Unterkünften (Kinder- und Jugendschutzhaus Ölper, Jugendzentrum Neustadtmühle, Theologisches Zentrum sowie Gebäude in der Neuen Knochenhauerstraße und der Hebbelstraße) betreut.
Anfang nächsten Jahres sollen die ersten dezentralen Wohnstandorte für jeweils 100 Personen fertiggestellt sein (Elzweg / Alte Frankfurter Straße in der Gartenstadt, Im Großen Moore in Bienrode und in der Glogaustraße in Melverode). Auch für die Standorte Ölper (Biberweg) und Hondelage (Ackerweg, je für weitere weitere 100 Personen) erfolgte bereits ein Objekt- und Kostenfeststellungsbeschluss, so dass auch hier mit einem Fertigstellungszeitpunkt Anfang nächsten Jahres gerechnet werden kann. „Sofern die Zahlen nicht wieder steigen, könnte dann damit begonnen werden, die Sporthallen sukzessive frei zu machen und wieder Schulen und Vereinen zur Verfügung zu stellen“, erläutert die Sozialdezernentin dieses Szenario.
Anders sähe es aus, wenn die Zahl der Flüchtlinge wieder steigt und am Ende des Jahres die für Braunschweig zunächst erwartete Zahl von 1000 erreicht wird. „Dann wären unsere derzeitigen Kapazitäten für die Erstaufnahme bereits Mitte Oktober erschöpft.“ Auch deshalb müsse prinzipiell an der Option Leichtbauhallen festgehalten werden.
Darüber hinaus sei die Stadt mit verschiedenen Eigentümern im Gespräch, um – nach dem Vorbild des Streiff-Gebäudes in Lehndorf – nach Möglichkeit weitere ungenutzte geeignete private Immobilien als Erstunterkunft zu nutzen, betonte Dr. Hanke. „Wir tun alles, damit auch die Sporthallen wieder für den Sport genutzt werden können. Angesichts der vielen unsicheren Faktoren kann ich aber leider keine präzise Prognose darüber abgeben, wann dies der Fall sein wird.“
Die Stadtverwaltung wird die Planung an die weitere Entwicklung anpassen. Das gilt für den Fall dass die Laufzeit des Flüchtlingskontingents vom Land erneut verlängert wird und die Flüchtlingszahlen weiter sinken, im Blick auf Erstaufnahmeeinrichtungen wie auch auf die dezentralen dauerhaften Wohnstandorte. Die ersten Wohneinheiten in Modulbauweise müssen indes unverändert realisiert werden, damit die Flüchtlinge die Sporthallen und anderen Erstunterkünfte verlassen können.